Kein Adventure ohne Adventurebike - stimmt das wirklich?
Frankee reiste letzten Sommer mit seiner Ducati Scrambler Desert Sled ans Nordkap. In diesem Beitrag erfährt ihr mehr über das Reisen mit Motorrädern ohne Adventure-Gene und was an der Aussage dran ist, dass man ohne richtiges Adventurebike keine Adventures erleben kann.
«Ich schaffe mir nun ein richtiges Adventurebike an, da ich gerne mit meinem Motorrad reisen möchte.» Wir hören diesen Satz immer wieder, und grundsätzlich macht diese Aussage sicherlich Sinn. Jedoch gibt es auch viele Zweirad-Enthusiasten, welche zwar grosses Interesse am Reisen mit dem Motorrad haben, jedoch kein Budget für ein Adventurebike aufbringen können oder wollen. Daher ist die Frage naheliegend, was eigentlich wirklich an diesem Mythos dran ist, dass man für Motorradreisen ein Adventurebike braucht, und auf was man achten muss, wenn man die grosse Menge überzeugen möchte, dass dieser Mythos nicht der Wahrheit entspricht.
Frankee mit seiner Ducati Scrambler.
Der Beweis das auch auf eine Scrambler viel Gepäck passt.
Wie zwingend nötig ist ein Adventurebike?
Adventurebikes gewinnen stetig grösseres Interesse unter der Motorradcommunity. Dies zum einen Aufgrund der fantastischen Perfomance der kraftvollen und perfekt abgestimmten Motorisierungen, gepaart mit jeder Menge Elektronik, zum anderen aber auch wegen ihrer Flexibilität und Kapazität, tausende von Kilometern mühelos abzufahren. Zuletzt natürlich auch aufgrund der äusserst bequemen Gepäcklösungen, welche die grossen Bikes bieten.
Kompromisse muss man dabei irgendwie nicht eingehen. Dies sieht man unter anderem bei rassigen Kurzausfahrten oder auch bei normalem Pendelverkehr. Die Adventurebikes kleben auf dem Asphalt um die Kurven, beschleunigen mit gefühlt zweistelligen G-Zahlen auf den Geraden und schlängeln sich auch gekonnt durch enge Verkehrspassagen. Nun aber genug von all den guten Charakteristiken der Adventurebikes. Nach diesem Pro-Adventurebike Intro, möchte ich an dieser Stelle gerade auch die am Anfang gestellte Frage vorweg beantworten. JA. Zum Reisen muss euer Motorrad lediglich zwei Räder, einen Motor und einen Tank haben. Der Rest ist wünschenswert, jedoch nicht notwendig. Trotzdem gibt es einige Dinge, auf die man achten sollte und so will ich euch in diesem Beitrag ein paar Tipps und Facts mitgeben, welche ich gerne im Voraus meiner grossen Reise ans Nordkap mit einer Scrambler gewusst hätte.
Auch mit einer Ducati Scrambler kommt man ans Nordkap
Da ich schon immer ein grosser Fan des magischen Nordens gewesen bin, habe ich sofort zugesagt, als sich diesen Sommer die Gelegenheit zu einer Biketour zum Nordkap relativ spontan ergeben hat.
Mein Motorrad, eine Ducati Scrambler Desert sled war dabei so wenig Adventure-Trip erprobt wie ich selbst.
Abgesehen von einigen Pässefahrten und einem Wochenendtrip ans Mittelmeer hatte ich noch keine grossen Reiseerfahrungen auf zwei Räder und so war diese Tour eine neue Herausforderung für mich und meine Ducati.
Dieses Abenteuer beinhaltete viele nennenswerte Erkenntnisse über das Thema Reise ohne Adventurebike für mich persönlich, wobei ich auch viel dazu gelernt habe. Deshalb möchte ich in diesem Beitrag anhand von meiner Reise die wichtigsten Punkte auflisten, welche zu beachten sind, wenn man ohne Adventurebike eine Reise antritt.
Wild wild north.
Die Scrambler ist bepackt - es kann los gehen!
Im strömenden Regen ging die Reise am 1. August los mit erstem Checkpoint in Hamburg. Meine Einstellung war eigentlich gut, als ich doch ein Motorradkombi mit integriertem wasserdichtem Layer hatte und sogar noch einen Militär-Regenmantel darüber. (Daher auch der auf der Reise entstandene Spitznamen «General Frankee»). Bereits an der Grenze zwischen der Schweiz und Deutschland schwante mir jedoch übles. Als ich hier meinen Travelbuddy traf, wurde mir schnell klar, dass die Fahrt durch Deutschland ein hartes Stück wird. Während Regen auf einer Tagestour wenig Schaden mit sich bringt, hat es bei einer Reise einige Konsequenzen. Besonders in kälteren Regionen trocknet das Motorradkombi nur sehr langsam. Während der integrierte Layer vielleicht den gröbsten Regen aufnahm, war die Aussenhülle doch gefühlt 2 Kilogramm schwerer des aufgesogenen Wassers wegen. Für mich gab es nichts schlimmeres als mich am nächsten Morgen in ein noch feuchtes Kombi zu quetschen. Des Weiteren kühlt der Körper durch die nasse (Innen-) und Aussenschicht viel mehr ab, was in einem höheren Energieverbrauch endet. Dadurch wird man schneller müde, die Konzentration lässt früher nach, was direkt ein Sicherheitsrisiko mit sich bringt. Deshalb ist es sehr wichtig, auf Reisen ein 100% wasserdichtes Regenkombi mitzunehmen.
Aufgrund fehlendem Windschutz auf meiner Scrambler braucht es mehr Kraft das Motorrad stabil auf der Spur zu halten. Ebenso kann der Nacken anfangen zu schmerzen durch den mit dem Kopf zu leistenden Gegendruck. Das Fazit hier ist ganz klar: Wer am Bike spart, muss mehr in die Kleidung investieren.
Frankees zu Hause für so einige Nächte.
Auch ohne Adventurebike stehts ein lächeln auf dem Gesicht.
Das Fazit hier ist ganz klar: Wer am Bike spart, muss mehr in die Kleidung investieren.
– Frankee
Welcher Komfort ein Adventurebike eben doch bietet
Autobahnfahrten und andere lange Fahrstrecken beleuchten einen weiteren Unterschied zwischen Adventurebike und anderen Modellen, nämlich den Komfort. Besonders aufgefallen ist mir dies am epischsten Tag meiner Reise - als wir am Nordkap ankamen. Wir starteten um 08.00 in Kiruna (Nord- Schweden). Nach einem längeren Emergency-Meeting aufgrund von Covid und die damit verbundenen Restriktionen/Grenzbestimmungen haben wir uns für einen Umweg über Norwegen entschieden, anstatt auf direktem Weg unser Ziel, das Nordkap, über Finnland anzupeilen.
Gegen Mittag in Norwegen angekommen, berechneten wir aus Neugier die Route zum Nordkap. Das Navi zeigte uns noch 12 Stunden Fahrt an. Mein Travelbuddy und ich lächelten uns gegenseitig in diesem Moment noch unwissend an, im Glauben, dass wir in einigen Tagen dann dieses Ziel erreichen werden
Weiter nordwärts fahrend wurde uns klar, dass wir aus wettertechnischen Gründen und Unterkunftsmangel fast gezwungen waren, das grosse Reiseziel noch am selben Tag anzufahren.
Gesagt, getan, kamen wir 13 Stunden später um 01.00 morgens am Nordkap an.
Trotz fantastischer Kulisse und 3 stündiger Fahrt in den «neverending sunset» des hohen Norden und jeder Menge Adrenalin war ich über meine Beine gar nicht erfreut. Ich hatte Taubheitsgefühle im Leistenbereich und meine übersäuerten Muskeln brannten. Während ich im nächsten Punkt noch genauer auf das Bike meines Travelbuddies eingehen werde, konnte man hier den Unterschied von Adventurebike und anderen Bikes sehr gut beobachten. Natürlich ist eine derart lange Fahrt auf keinem Motorrad feierlich. Jedoch hatte mein Kollege auf seiner BMW 850er GS noch einiges mehr Gespür in seiner Leiste. Die Sitzposition, welche in der Schonung von Rücken, Handgelenken und besonders auch den Beinen eine grosse Rolle spielt, macht sich auf längeren Fahrten definitiv bemerkbar.
Das Fazit hier ist deshalb auch naheliegend: Wer am Bike spart, muss mehr Zeit einplanen, körperlich fit sein und seine eigenen Grenzen kennen.
Das Fazit hier ist deshalb auch naheliegend: Wer am Bike spart, muss mehr Zeit einplanen, körperlich fit sein und seine eigenen Grenzen kennen.
– Frankee
Frankee mit seinem Travelbuddy am Nordkapp.
Frankee nach seiner 3 stündiger Fahrt in den «neverending sunset»
Die richtige Gepäckwahl ist eine Sache für sich
Bereits bei der Reiseplanung merkt man schnell: Stauraum ist ein rares Gut!
Während unserer gemeinsamen Reise wurde ich von meinem Travelbuddy, welcher wie oben bereits erwähnt eine BMW GS 850 mit Seitenkoffern fuhr, fast täglich schadenfreudig ausgelacht. Denn während er bereits «ready to go» genüsslich an seinem Kaffee schürfte, wirbelte ich wie eine wilde Biene um meinen Scrambler herum und zurrte meine unzähligen Taschen mit Spanngurten fest.
Das ganze Spiel wiederholte sich von vorne, wenn ich etwas plötzlich unvorgesehen aus meinem Gepäck brauchte, so wie zum Beispiel eine Badehose, welche sich natürlich in der untersten Ecke dieses gefühlten schwarzen Loch an Tasche befand. An dieser Stelle winde ich meinem Buddy einfach ein Kränzchen.
Der Grundgedanke bezüglich Gepäck wurde wohl verstanden, das Fazit bezogen auf meine persönliche Reise war jedoch ganz klar: Wer am Bike spart, muss in die Freundschaft investieren. Das heisst Reisekumpanen brauchen Geduld und Verständnis, wenn es länger geht.
Das Adventurebike vom Travelbuddy sowie die Scrambler von Frankee vereint - Fazit beide haben es ans Nordkapp geschafft!
Das Fazit
Das Ziel dieses Beitrages war es, die wichtigsten Punkte zu beleuchten, wenn es darum geht, mit einem Motorrad auf Reisen zu gehen, welches vielleicht nicht als solches vermarktet wird. Dabei spielen Witterung, Gepäck und Komfort wohl die wichtigste Rolle und darin heben sich die offiziellen Adventurebikes wohl auch am markantesten vom Rest ab. Investiert man jedoch genügend Planung, Zeit und Energie, steht dem Reisen mit jeglichem Motorrad nichts im Weg. Ehrlichgesagt, ist das Weltbummeln auf zwei Rädern ja in jeder Hinsicht sowieso ein Abenteuer. Warum also nicht gleich das Abenteuer in eine unvergessliche Zeit verwandeln? Denn sind die Herausforderungen und Hürden, welche wir gemeistert haben, schlussendlich nicht das Material für die besten und witzigsten Geschichten? Deshalb wollte ich nicht nur die herausfordernden Punkte veranschaulichen, sondern auch eine grosse Portion Motivation mitgeben, die Komfortzone hinter sich zu lassen. Denn diese Welt ist viel zu einzigartig, um im Leben immer nur Touristenorte mit Flugzeugen anzusteuern.
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