Planen, organisieren, richtig packen – sind das die «Musts» vor einer Motorradreise? (Bild: Lennard Andreas)

6 Monate unterwegs mit dem Motorrad

So sah unsere Vorbereitung für die Reise mit dem Motorrad durch Nordeuropa und Afrika aus – oder eben auch nicht.

Monate vor unserer Abfahrt studierten wir Landkarten und Reiseführer, probierten das geeignetste Equipment aus, planten Übernachtungsmöglichkeiten und trafen für alle möglichen Gefahren Vorkehrungen.

Nein, das haben wir natürlich nicht gemacht – das wäre ja auch zu perfekt gewesen. ;-)
Wir beide sind sehr intuitive Menschen, die aufeinander und darauf, dass es schon gut kommt, vertrauen. So waren wir uns immer einig, was wir sorgsam vorbereiten wollten und was wir auf uns zukommen lassen würden. Bevor es aber zur Vorbereitung einer solchen Reise überhaupt kommen kann, steht etwas viel Wichtigeres an: 

Die Entscheidung

Hier scheitern die meisten Menschen. Viele wollen sich zwar gerne den Traum einer Weltreise oder dergleichen erfüllen, entscheiden sich aber nie, es auch zu tun. Wir gehörten auch zu den Menschen, die immer gerne über ihre Träume sprachen. Eines Tages auf einer kleinen Farm in Italien sahen wir uns an und beschlossen: Wir machen das jetzt oder hören auf, darüber zu sprechen. Also taten wir es. Wir waren bereit, uns diesen Traum mit allen Konsequenzen zu erfüllen, koste es, was es wolle. Das war im Frühsommer 2019. Danach war alles ganz einfach. Es galt zunächst die Rahmenbedingungen zu klären. Unser Ziel war: Weihnachten 2020 in Kapstadt zu verbringen und dazu wollten wir von zu Hause durch Israel, Jordanien, Saudi Arabien und weiter durch Ostafrika bis nach Südafrika fahren. Im September 2020 (daraus wurde wenig später Juli 2020) sollte es losgehen.  

Eines Tages auf einer kleinen Farm in Italien sahen wir uns an und beschlossen: Wir machen das jetzt oder hören auf, darüber zu sprechen. Also taten wir es.

– Maike van Dijk

Verpflichtungen zu Hause – was mussten wir regeln?

Zuerst kümmerten wir uns um unsere Verpflichtungen in der Schweiz. Der Arbeitgeber wurde informiert und um unbezahlten Urlaub gebeten. Dank der Genehmigung mussten wir nicht kündigen, prima. Die Vermieter mussten informiert werden, in der Hoffnung, dass sie einer Untervermietung zustimmen würden. Aufgeben wollten wir unsere Wohnung wirklich nicht, aber die volle Miete hätten wir ohne Gehalt, während 6 Monaten nicht aufbringen können. Sie stimmten zu und kamen uns sogar noch weiter entgegen. Gerade noch rechtzeitig fand sich sogar ein Untermieter für exakt den Zeitraum unserer Reise. Es folgten viele Monate der Vorfreude, in denen wir hinsichtlich der Vorbereitungen nichts unternahmen. 

Motorräder und Ausrüstung – was brauchen wir?

Welche Motorräder passen zu uns, wie möchten wir uns ausrüsten für unsere 6-monatige Motorradreise? Eine grosse Frage, die uns lange beschäftigte: Anlässlich der SwissMoto 2020 begannen wir dann intensiver mit der Suche nach dem geeigneten Töff für die Reise durch Afrika. Darüber hinaus probierten wir neue Helme, Kleidung, überhaupt jegliches Equipment aus. Wir wurden überraschend schnell fündig und sammelten bald die wichtigste Ausrüstung zusammen. Eine Liste, die wir basierend auf unsere Bedürfnisse für kürzere Reisen erstellten, half uns gezielt die passenden Produkte auszuwählen. Wir profitierten auch von den Erfahrungen und Tipps anderer Reisender, die ähnliche Abenteuer bereits hinter sich hatten. Wir tauschten uns zum Beispiel intensiv mit XTadventures aus und erhielten tolle Inspirationen zu Routen und Equipment von den beiden. Hinsichtlich des Equipments können wir auch rückblickend bestätigen, dass sich ein paar gründliche Überlegungen und Investitionen in qualitativ hochwertige Produkte gelohnt haben. Wir haben unser gesamtes Equipment trotz härtester Bedingungen fast unbeschädigt wieder zurück gebracht.

Das Ungeplante einplanen

Und dann? Dann kam Corona. Mit der Verbreitung des Virus wuchs auch die Unsicherheit, ob unsere Reise überhaupt noch beginnen kann. Während alle Menschen um uns herum sicher waren, dass wir an dieser Stelle unsere Pläne verschieben müssten, blieben wir bei unserer Entscheidung. Wir waren bereit, die Route den Gegebenheiten anzupassen – wie gut, dass wir hier ohnehin noch nicht viel Zeit in die Planung investiert hatten – und würden einfach das Beste daraus machen. Wir warteten noch ein bisschen ab und etwa zwei Monate vor Abreise gaben wir schliesslich Gas. Impfungen, das letzte (Camping-) Equipment kaufen, noch einen Offroad-Kurs machen, ein Erste-Hilfe-Kurs sollte auch noch sein, Versicherungen anpassen, Handyvertrag anpassen, Carnet beantragen, Webseite erstellen und Sticker bestellen (was man heute vor grossen Reisen eben so macht – Letzteres war absolut essenziell). 

Die Route planen

Knapp zwei Wochen vor der Abreise stand dann auch die Route fest – ein bisschen zumindest. Das erste Ziel war das Nordkap und dann Island, wo wir noch vor dem Wintereinbruch Ende September abreisen müssen. Dies lag allerdings noch so weit in der Zukunft, dass wir aufgrund der Pandemie nicht wagten, weitere Pläne zu machen und hofften stattdessen nur auf die Chance zumindest später noch nach Afrika fliegen zu können. So kam es auch. Innerhalb weniger Tage organisierten wir die Fahrt von Island nach England und den Transport unserer Bikes von London nach Nairobi sowie unsere Flüge.  

Gut vorbereitet, aber ohne Plan

Unsere Empfehlung: gut vorbereitet, aber ohne Plan in die Reise starten.

– Maike van Dijk

Es gibt Dinge, die sollte man sorgsam vorbereiten. Und damit sollte sich auch jede*r selbst wohlfühlen. Unterschiedliche Menschen haben ein unterschiedliches Sicherheitsbedürfnis. Aber es bringt nichts, sich komplett zu verplanen. Für alles findet sich auch unterwegs noch eine Lösung. Wer sich zu sehr an einem Plan orientiert, verpasst all die wunderbaren Chancen, die sich eben nicht planen lassen, die einem entlang des Weges begegnen. Oder die Person ist am Ende nur noch enttäuscht, denn mit einem Plan gehen auch Erwartungen einher und woher willst du wissen, was dich auf einer Reise erwarten wird? Du kannst dich also nur selbst enttäuschen, wenn du die Dinge zu genau planen willst. Lennart hat auf unserer Reise früh gelernt: „We cross that bridge, when we get there.”

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