Scrambler Ducati: Ein 73PS-Motorrad als Accessoire

Die Scrambler Ducati: Partner in Crime im spanischen Stadtverkehr

Kaum in Valencia angekommen, durften wir uns schon in unsere Motorradausrüstung schmeissen und eines der knapp 30 Motorräder entgegennehmen, die in den neun verschiedenen Farben vor dem Hotel bereitstanden. Es war kurz nach Mittag – perfekt also für eine kurze Citytour und eine Fahrt zum Strand. Nein, die Tour entlang der valencianischen Hauptstrassen war kein Ort, an dem man sich auf ein neues Motorrad einlassen, geschweige denn es bewusst testen konnte. Vielmehr wurden wir direkt von der ersten Minute an auf die Probe gestellt, mit dem Bike durch den verrückten spanischen Verkehr zu manövrieren, auf gefühlte 100 Dinge gleichzeitig zu achten und im selben Moment den lokalen Guide nicht zu verlieren. Und in genau diesem Trubel lag die erste Erkenntnis: Mit der Scrambler Ducati kein Problem. Abruptes Anhalten, spontanes Abbiegen, überraschendes Bremsen an der Ampel oder enges einbiegen in den Parkplatz fiel alles überraschend einfach. Die Scrambler, die wir in den Tagen in der Icon-Ausführung testen konnten, lässt sich dank des tiefen Schwerpunkts und der 170kg (Trockengewicht) super manövrieren und wird vom ersten Meter an zum «Partner in Crime». 

Angekommen am Strand legt Ducati nach – nicht etwa mit einer Präsentation zum Motorrad, sondern mit einer Challenge: Alle Journalisten und Gäste sollen sich ihr Motorrad schnappen und eine Stunde lang in Valencia nach der schönsten Fotolocation suchen. Das beste Bild wird am Abend an der Modellpräsentation gekürt. Mal was anderes, als Programmpunkt eines Presselaunches. Sinnbildlich für die Philosophie hinter dem Motorrad: Spass, Lifestyle, Farben und Persönlichkeit.  

Die Ausstattung des Trend-Motorrads: Reduce to the Max

Nach der Fotochallenge und der Rückfahrt zum Hotel erwartete uns am Abend die offizielle Modellpräsentation. Wie kaum anders zu erwarten war, fand diese nicht im klassischen Vortragsformat statt – sondern als unterhaltsames Quiz in einer trendigen Co-Workingspace Location im Herzen von Valencia. Die Scrambler-Quizshow war jedoch nicht nur ein gelungener Versuch, das stiere Präsentationsformat zu durchbrechen – wahrscheinlich diente es auch etwas dazu, aus den wenig vorhandenen technischen Features trotzdem eine gehaltvolle Präsentation zu gestalten. Denn nebst der Geschichte der Scrambler Ducati Family, die nach einer jahrzenten-langen Produktionspause 2014 wieder Fahrt aufnahm, gibt es technisch nicht bahnbrechend viel Neues über das Motorrad zu erzählen. Was nicht etwa negativ erscheinen soll – denn es steht vielmehr die Philosophie im Zentrum, die dem Scrambler-Brand auch in der neuen 2023-Generation zugrundeliegt: Lifestyle, Selbstverwirklichung und ein farbenfroher Alltag. Somit wandelt sich das "Kaschieren" der nicht vorhandenen technischen Features in eine kurzweilige Quizshow, die uns die Türen zu genau dieser Welt öffnet, in der das Motorrad zuhause ist: The Joy of Life.

Dennoch möchten wir natürlich kurz auf die technischen Eigenschaften eingehen: Ganz nach dem Motto «Reduce to the Max» kommt die Scrambler Icon mit Basic-Features aus, die einen erschwinglichen Preis ermöglichen, ohne dass man das Gefühl hat, etwas zu verpassen. Der Zweizylinder-Motor liefert 73PS und ein Drehmoment von 65.2 Nm bei 7.000 U/min. Dank neu integriertem Kuven-ABS, Traktionskontrolle in vier verschiedenen Stufen plus zwei verschiedenen Fahrmodi sind die rund 185 Kilogramm einfach fortzubewegen – bei einer Sitzhöhe von 795mm, die bei Bedarf auf 780mm oder 810mm angepasst werden kann. Das TFT-Display wiederspiegelt den stylischen und farbigen Auftritt der gesamten Modellinie und überzeugt mit einer einfachen Bedienung. Im ersten Moment etwas schade ist es, dass Quickshifter und Blipper nicht serienmässig verbaut sondern als Zubehör erhältlich sind. Bei einem Basispreis von CHF 11'790 für die Icon-Ausführung der Scrambler jedoch wiederum nachvollziehbar. Reduce to the Max ist die Devise – und wer mehr braucht, erhält dies gegen Aufpreis. «On Demand» ist schliesslich genauso im Trend, wie die brandneue Lifestyle-Scrambler. 

Lockeres Fahrgefühl und viel Persönlichkeit 

«Ein spassiges Motorrad mit einer grossartigen Persönlichkeit», so das Statement von Ducati zur Präsentation der neuen Scrambler. Diese Persönlichkeit ist weniger in der Charakteristik des Motors oder in der Leistung zu finden – denn vom Fahrgefühl her ist das 803ccm-Motorrad alles andere als auffällig. Im Gegenteil: Die Scrambler ist so locker und leicht zu bewegen, dass man sogar mal aus Versehen vergisst, dass sie eigentlich gar nicht so viel Leistung hat. Das Drehen am rechten Lenkerende macht Spass, gerade weil man sich nicht sofort im nicht mehr ganz legalen Tempo-Bereich befindet. So entsteht ein selbstverständlicher Flow, der einen von Kurve zu Kurve bringt und nicht selten auch einfach mal ein fröhliches Gniesserlächeln unter dem Helm hervorzaubert. Während das dank der guten Gewichtsverteilung einfache Kurvenfahren mit viel Schwung richtig viel Spass macht, lässt das Motorrad auch Manöver bei langsameren Tempi problemlos zu. Perfekt also auch für Einsteiger:innen, die ein Motorrad suchen, das nicht überfordert, sondern unterstützt, begleitet und vor allem ganz viel Spass macht. 
Die Persönlichkeit ist also weniger in einem charakteristisch auffälligen Motor zu finden – sondern in Farbe und Ausstattung. Denn die Farbe der Scrambler Ducati Icon kann nach Lust und Laune variiert werden: Ducati wirbt damit, dass in nur 30 Minuten alle farblichen Highlights des Motorrads ganz einfach ausgetauscht werden können. Zur Auswahl stehen neun Farbtöne, von Ducati Rot über Tangerine Orange bis hin zu einem edlen, matten Jade Green. 

Mein persönliches Fazit: Lächelnd durch die Kurven tänzeln 

Abschliessend noch ein paar persönliche Worte zur Ducati Scrambler Icon – denn mich hat das Motorrad doch etwas überrascht. Ich bin doch eher selten mit Motorrädern dieser Art unterwegs. Meine letzten Monate und Jahre waren eher geprägt von sportlichen Nakedbikes, Adventure Bikes und ganz viel Rennstrecke. Die Erwartungen waren daher nicht klein, sondern eher gar nicht vorhanden – ich war gespannt darauf, wie mir diese Art von Motorrad liegt. Der Fakt, dass ein Journalistenkollege, der auf der Tour hinter mir fuhr, nach der Fahrt gemeint hatte: «Du bist mit diesem Bike gefahren, als würde sie schon zwei Jahre dir gehören», hat mir mein Fahrgefühl dann ganz schnell bestätigt. Das Bike vermittelt Sicherheit, ermöglicht lockeres aber schwungvolles Kurvenfahren, verleitet nicht zu übertriebenem Speed und lässt Raum zum Geniessen. Ein Fahrgefühl, wie ich es auf nur wenigen anderen Motorrädern bisher erlebt habe – mein Tipp deshalb: Testet das Bike. Denn die Scrambler Ducati ist eines der Motorräder, das man gefahren sein muss, um es zu verstehen. Und wenn ihr mit einem Lächeln unter dem Helm durch die Kurven tänzelt, werdet ihr mit Sicherheit verstehen, wieso «Land of Joy» den Nagel auf den Kopf trifft. So war's jedenfalls bei mir.