Ride Safe! (Foto: Omp Media)

Sicheres Kurvenfahren

Kurven sicher fahren mit dem Motorrad dank richtiger Linie, Blicktechnik und Tempogestaltung.  

Was gibt es schöneres, als unbeschwert eine kurvenreiche Route zu fahren? Aber nicht immer gelingt die Kurvenfahrt nach Wunsch. Falsche Linienwahl, fehlerhafte Blicktechnik oder eine verkrampfte Sitzposition können den Kurvenspass nachhaltig trüben - und dem wollen wir gegensteuern. Viel Spass beim Auffrischen!  

Reduziertes Unfallrisiko durch einen sicheren Fahrstil 

Die korrekte Kurventechnik trägt nicht nur zu einem flüssigen Fahrstil und somit zu mehr Fahrspass bei – sie ist vor allem sicherheitsrelevant! Mit der richtigen Technik kann vergrössert ihr automatisch den Abstand zum Gegenverkehr und könnt sicherer auf Hindernisse reagieren. Wer also sicheres Kurvenfahren beherrscht, kann sein Unfallrisiko deutlich reduzieren.  

Doch wie fahre ich eine Kurve richtig an? Gerade für Neu- oder Widereinsteiger*innen ist es wichtig, diesbezüglich an die richtigen Informationen zu gelangen. Wir vermitteln euch in diesem Beitrag den aktuellsten Stand der Kurventheorie im Strassenverkehr. Für entsprechende Fahrtrainings oder Übungseinheiten seid ihr bei einer Fahrschule zusätzlich bestens aufgehoben – dies gilt auch für die eingefleischten Biker unter euch. 

Selina ist dank richtiger Linienwahl sicher unterwegs. (Foto: Samuel Eggenschwiler)

Selina ist dank richtiger Linienwahl sicher unterwegs. (Foto: Samuel Eggenschwiler)

Beide Motorradfahrer auf der eigenen Fahrbahn, so sollte es sein. (Foto: Samuel Eggenschwiler)

Beide Motorradfahrer auf der eigenen Fahrbahn, so sollte es sein. (Foto: Samuel Eggenschwiler)

Tempogestaltung 

Vor jedem Kurveneingang gilt die Tempoanpassung sowie die richtige Gangwahl. Durch das Herunterschalten greift die Motorenbremse (zusätzlich zum üblichen Bremsvorgang). Die Entschleunigung sollte vor dem Einlenken abgeschlossen sein, sodass ihr euch gänzlich auf die Ideallinie und - ganz entscheidend - auf den richtigen Einlenkpunkt fokussieren könnt.  

Wie schnell eine Kurve gefahren werden sollte, hängt von verschiedenen Faktoren wie beispielsweise Wetterverhältnisse, Sicht, persönliches Wohlbefinden in der Schräglage sowie dem Motorradtyp ab. Tendenziell gilt: Gerade anfangs Saison lieber etwas langsamer herantasten und (nach Bedarf) das Tempo allmählich steigern. So läuft ihr nicht die Gefahr, euch resp. die Naturgesetze zu überschätzen.  

Fahrsicherheitstrainings sowie Schräglagenkurse kann ich jedem nur ans Herz legen – egal, welches Fahrniveau man zu haben glaubt.

– Jessy

Wichtiger Faktor: Wer mit einer hohen Drehzahl einlenkt, ist bereits vor dem Scheitelpunkt zu langsam und muss durch Beschleunigung oder sogar Aufrichten des Bikes die Fahrlinie korrigieren. Braust man dagegen mit tiefer Drehzahl und ohne jegliche Motorenbremse in die Kurve, muss das fehlende Bremsmoment mit einer extremen Schräglage kompensiert werden. Im unglücklichen Fall treibt das Bike aus der Spur – und auf dem Mittelstreifen oder gar der Gegenfahrbahn hat keiner von uns etwas zu suchen! Selbst wenn diese frei erscheint, kann augenblicklich ein Postauto, Car, Auto oder ein anderer Motorradfahrer um die Kurve düsen, der gerade genauso fröhlich am Gas dreht.  

Ist das richtige Tempo gefunden und kann sauber bis zum Scheitelpunkt gehalten werden (in Harmonie mit einer sauberen Linie), geht’s an den freudigen Teil: Beschleunigen. Kurz nach dem Scheitelpunkt geht’s von der Rollphase in die leichte Beschleunigung über. In Kurven, in denen der Scheitelpunkt aufgrund deren Verlauf nicht eindeutig ist gilt: Sobald das Ende der Kurve deutlich ersichtlich ist, wird beschleunigt. Hier ist das richtige Mass ausschlaggebend, denn während zu viel Beschleunigung das Bike nach aussen tragen kann, bedeutet zu wenig, dass es tendenziell weiter nach innen zieht. Hier helfen etwas Übung und Fingerspitzengefühl, um den idealen Mix zu finden. 

Jessy mit ihrer MT10 SP auf der Ideallinie unterwegs. (Foto: Omp Media)

Jessy mit ihrer MT10 SP auf der Ideallinie unterwegs. (Foto: Omp Media)

Blicktechnik 

Sie ist essentiell in der Vermeidung von Unfällen: Die Blicktechnik. Ob bewusst oder unbewusst, wir haben die Tendenz dorthin zu fahren, wo wir hinschauen. Wollen wir also eine Kurve schön rund fahren, müssen wir den Blick entsprechend führen. Und das ist generell gesagt der Kuvenausgang. Im Detail sieht die Blickführung idealerweise so aus:  

Blickführung Rechtskurve 

Bei einer Rechtskurve schauen wir am äussersten rechten Strassenrand (Bordkante) vorbei bis hin zu unserem gewünschten Ausgangspunkt. Der Blick “gleitet” mit uns durch die Kurve und ist genauso wie unser Bike stetig in Bewegung.  

Blickführung Linkskurve 

Links verläuft es etwas anders: Unser Blick geht entlang der Mittellinie wiederum zum Ausgangspunkt, unserem Fahrziel. Auch hier ist der Blick in Bewegung.  

Blicke dorthin, wo du auch hinfahren willst!

– Jessy

Eine Unterstützung in Sachen Blickführung kann die Kopfhaltung bieten. Durch die Neigung des Kopfes bleibt der Blickhorizont gerade, was einige Fahrer*innen als angenehmer empfinden. Dies ist jedoch sehr individuell und hängt stark vom allgemeinen Fahrstil ab.  

Jessy ist dank richtig gewähltem Tempo auch im Kurvenausgang auf der Ideallinie. (Foto: Omp Media)

Jessy ist dank richtig gewähltem Tempo auch im Kurvenausgang auf der Ideallinie. (Foto: Omp Media)

Ideallinie 

Mit dem richtigen Tempo und der perfekten Blicktechnik sind die essentiellen Grundsteine gelegt, um die ideale Linie für grösstmöglichen Komfort und Sicherheit zu wählen. Und wir sprechen hier bewusst von “wählen”, da beim Motorradfahren nichts dem Zufall überlassen werden sollte, was wir selbst steuern können. Mit Übung, einem technisch einwandfreien Bike und dem richtigen Grundwissen hat man die Kurvengestaltung selbst in der Hand.  

Generell gilt: Bleibt auf eurer Seite. Und zwar ausreichend und mit der gesamten Maschine und allem, was dranhängt (inklusive euch). Was logisch klingt und alle von euch bestimmt schon tausendmal gehört haben, wird leider im Strassenverkehr ständig missachtet. Ob Überschätzung, fehlende Übung oder Waghalsigkeit – viele Biker*innen halten sich nicht an diese Regel und gefährden damit nicht nur sich, sondern auch alle anderen Verkehrsteilnehmenden. 

Linienwahl 

Auf normal breiten Strassen sollten Kurven tendenziell aussen (Rechtskurven Richtung Mittellinie; Linkskurven Richtung Strassenrand) angefahren werden. Dies ermöglicht einen besseren Blick auf den Kurvenverlauf sowie mögliche Hindernisse wie beispielweise Fahrradfahrer auf der eigenen Spur. Bei schmalen, unübersichtlichen Strassen sieht dies anders aus: Hier soll die Linie auch bei Rechtskurven innen gefahren werden, um eine Kollision zu vermeiden.  

Die eine “perfekte Linie” existiert nur bedingt – passt sowohl eure Linie wie auch das Tempo an die Gegebenheiten an und plant in jedem Fall genug Reserve ein!  

Brenzlige Situationen & Reserven 

Auch wenn die Kurve zu eng wird, gilt: Niemals die Kupplung ziehen! Durch ziehen der Kupplung wird die Motorenbremse unterbrochen und das Motorrad verliert schlagartig an Stabilität. Sollte die Kurve mal doch ein wenig zu schnell angefahren worden sein, helfen Blick und Schräglage im Normalfall aus. Zwingt euch, den Kurvenausgang anzuschauen und legt das Bike tiefer in die Schräglage. Die meisten Motorradfahrer*innen fahren ihre Maschine noch längst nicht am Limit und haben so noch ausreichend Reserve, um die Linie dank Schräglage auszukorrigieren.  

Im Notfall kann eine Notbremsung helfen, jedoch nur, wenn die Gegenfahrbahn frei ist. In der Schräglage ist von der Hinterradbremse abzuraten!      

Der richtige Blick und die angepasste Schräglage können in brenzligen Situationen aushelfen. (Foto: Samuel Eggenschwiler)

Der richtige Blick und die angepasste Schräglage können in brenzligen Situationen aushelfen. (Foto: Samuel Eggenschwiler)

Schräglagenkurse & Kurventraining 

Früher waren für mich Motorrad- und Auffrischungskurse eher etwas für ältere Leute und belächelte diese Kurse eher. Beim Saisonstart 2020 entschied ich mich trotz Vorurteilen doch für einen Schräglagenkurs. In strömenden Regen an diesem Morgen fuhr ich los. Am Treffpunkt angekommen und nach der Begrüssung vor Ort stellte sich heraus, dass zum Kurvenfahren auch Theorie dazugehört. Nach ein paar lehrreichen Tipps fuhren wir gemeinsam zum Übungsplatz, natürlich war dieser auch nass aber dafür abgesteckt mit Pylonen in der Form einer grossen Acht. Das Übungsmotorrad stand mit seinen Stützrädern bereit und schon gings los. Die ersten Fahrten waren ziemlich vorsichtig, denn der Boden war nass vom Regen. Aber je mehr ich trainierte, korrekte Sitz- und Fussposition, Blicktechnik aus der Kurve heraus bereits das nächste Ziel oder die Pylone im Auge, desto besser fühlte sich das Kurvenfahren in Schräglage an.  

Fahrsicherheitstrainings sowie Schräglagenkurse kann ich jedem nur ans Herz legen – egal, welches Fahrniveau man zu haben glaubt. 

Mit aufgefrischtem Wissen geht’s nun an die Praxis – nehmt uns mit in euren Stories, wie ihr euch ideal auf die Motorradsaison vorbereitet. 

Ride Safe! (Foto: Omp Media)

Ride Safe! (Foto: Omp Media)

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